Das Kloster ist hoch auf Felsen gebaut,
Der Rhein
vorueberrauschet;
Wohl durch das Gitterfenster schaut
Die junge Nonne und
lauschet.
Da faehrt ein Schifflein, maerchenhaft
Vom Abendrot
beglaenzet;
Es ist bewimpelt von buntem Taft,
Von Lorbeern und Blumen
bekraenzet.
Ein schoener blondgelockter Fant
Steht in des Schiffes
Mitte;
Sein goldgesticktes Purpurgewand
Ist von antikem
Schnitte.
Zu seinen Fuessen liegen da
Neun marmorschoene
Weiber;
Die hochgeschuerzte Tunika
Umschliesst die schlanken
Leiber.
Der Goldgelockte lieblich singt
Und spielt dazu die
Leier;
Ins Herz der armen Nonne dringt
Das Lied und brennt wie
Feuer.
Sie schlaegt ein Kreuz, und noch einmal
Schlaegt sie
ein Kreuz, die Nonne;
Nicht scheucht das Kreuz die suesse Qual,
Nicht
bannt es die bittre Wonne.
2
"Ich bin der Gott der Musika,
Verehrt in allen
Landen;
Mein Tempel hat in Graecia
Auf Mont-Parnass gestanden.
Auf Mont-Parnass in Graecia,
Da hab ich oft
gesessen
Am holden Quell Kastalia,
Im Schatten der Zypressen.
Vokalisierend sassen da
Um mich herum die
Toechter,
Das sang und klang la-la, la-la!
Geplauder und
Gelaechter.
Mitunter rief tra-ra, tra-ra!
Ein Waldhorn aus dem
Holze;
Dort jagte Artemisia,
Mein Schwesterlein, die Stolze.
Ich weiss es nicht, wie mir geschah:
Ich brauchte nur
zu nippen
Vom Wasser der Kastalia,
Da toenten meine Lippen.
Ich sang - und wie von selbst beinah
Die Leier klang,
berauschend
Mir war, als ob ich Daphne sah,
Aus Lorbeerbueschen
lauschend.
Ich sang - und wie Ambrosia
Wohlrueche sich
ergossen,
Es war von einer Gloria
Die ganze Welt umflossen.
Wohl tausend Jahr' aus Graecia
Bin ich verbannt,
vertrieben -
Doch ist mein Herz in Graecia,
In Graecia
geblieben."
3
In der Tracht der Beguinen,
In dem Mantel mit der
Kappe
Von der groebsten schwarzen Serge,
Ist vermummt die junge
Nonne.
Hastig laengs des Rheines Ufern
Schreitet sie hinab
die Landstrass',
Die nach Holland fuehrt, und hastig
Fragt sie jeden, der
vorbeikommt:
"Habt Ihr nicht gesehn Apollo?
Einen roten Mantel
traegt er,
Lieblich singt er, spielt die Leier,
Und er ist mein holder
Abgott."
Keiner will ihr Rede stehen,
Mancher dreht ihr stumm
den Ruecken,
Mancher glotzt sie an und laechelt,
Mancher seufzet: "Armes
Kind!"
Doch des Wegs herangetrottelt
Kommt ein schlottrig
alter Mensch,
Fingert in der Luft, wie rechnend,
Naeselnd singt er vor
sich hin.
Einen schlappen Quersack traegt er,
Auch ein klein
dreieckig Huetchen;
Und mit schmunzelnd klugen Aeuglein
Hoert er an den
Spruch der Nonne:
"Habt Ihr nicht gesehn Apollo?
Einen roten Mantel
traegt er,
Lieblich singt er, spielt die Leier,
Und er ist mein holder
Abgott."
Jener aber gab zur Antwort,
Waehrend er sein Koepfchen
wiegte
Hin und her, und gar possierlich
Zupfte an dem spitzen
Baertchen:
"Ob ich ihn gesehen habe?
Ja, ich habe ihm
gesehen
Oft genug zu Amsterdam,
In der deutschen Synagoge.
Denn er war Vorsaenger dorten,
Und da hiess er Rabbi
Faibisch,**
Was auf Hochdeutsch heisst Apollo -
Doch mein Abgott ist er
nicht.
Roter Mantel? Auch den roten
Mantel kenn ich. Echter
Scharlach,
Kostet acht Florin die Elle,
Und ist noch nicht ganz
bezahlt.
Seinen Vater Moses Jitscher
Kenn ich gut.
Vorhautabschneider
Ist er bei den Portugiesen.
Er beschnitt auch
Souveraene.
Seine Mutter ist Cousine
Meines Schwagers, und sie
handelt
Auf der Gracht mit sauern Gurken
Und mit abgelebten
Hosen.
Haben kein Plaesier am Sohne.
Dieser spielt sehr gut
die Leier,
Aber leider noch viel besser
Spielt er oft Tarock und
L'hombre.
Auch ein Freigeist ist er, ass
Schweinefleisch, verlor
sein Amt,
Und er zog herum im Lande
Mit geschminkten
Komoedianten.
In den Buden, auf den Maerkten,
Spielte er den
Pickelhering,
Holofernes, Koenig David,
Diesen mit dem besten
Beifall.
Denn des Koenigs eigne Lieder
Sang er in des Koenigs
eigner
Muttersprache, tremulierend
In des Nigens alter Weise.
Aus dem Amsterdamer Spielhuis
Zog er juengst etwelche
Dirnen,
Und mit diesen Musen zieht er
Jetzt herum als ein
Apollo.
Eine dicke ist darunter,
Die vorzueglich quiekt und
gruenzelt;
Ob dem grossen Lorbeerkopfputz
Nennt man sie die gruene
Sau."***
Cf. Van's and Ada's note of apologies to Lucette: "We are sorry you left so soon. We are even sorrier to have inveigled our Esmeralda and mermaid in a naughty prank. That sort of game will never be played again with you, darling firebird. We apollo [apologize]..." (2.8)